Generation 50+ in der digitalen Arbeitswelt: Erfahrung trifft Zukunft

Generation 50+: Potenziale, Vorurteile und Perspektiven im Berufsleben | Experteninterview
Acelya Tüney | 26.06.2025
Lesedauer: 5 min
Was können Unternehmen tun, um das Potenzial älterer Beschäftigter in der digitalen Transformation besser zu nutzen? Im Mai durften wir Jürgen Lehmann, langjährigen IT-Experten bei MC², bei uns in der Digitalagentur Berlin begrüßen. In einem gemeinsamen Gespräch teilte er seine Perspektiven auf die Rolle der Generation 50+ im Wandel der Arbeitswelt und räumte mit gängigen Vorurteilen auf.
Generation 50+: Unterschätzt und unverzichtbar
Mehr als ein Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland ist heute über 50 Jahre alt. Tendenz steigend. Gleichzeitig besteht in vielen Organisationen die Sorge, ältere Mitarbeitende könnten mit dem Tempo des digitalen Wandels nicht mithalten. Ein Trugschluss, wie Jürgen Lehmann betont. Der Beitrag der Generation 50+ endet nicht mit dem Erreichen eines bestimmten Alters, im Gegenteil. Diese Mitarbeitenden bringen oft nicht nur jahrelange Berufs- und Lebenserfahrung mit, sondern auch ein tiefes Verständnis für Unternehmensprozesse.
Digitale Kompetenz: Anders als gedacht
Ein häufiges Vorurteil lautet: Ältere Mitarbeitende seien weniger digital affin. Die Realität sieht allerdings differenzierter aus. Beschäftigte ab 50 haben zentrale Etappen der Digitalisierung aktiv miterlebt, von der Einführung von Windows und Internet über den Aufstieg mobiler Endgeräte bis hin zu aktuellen Cloud- und KI-Anwendungen. Viele von ihnen nutzen digitale Tools wie Onlinebanking, Reisebuchungen, soziale Netzwerke oder Videoanrufe längst routiniert, sowohl im beruflichen als auch im privaten Alltag. „Sie sind keine Digital Natives, aber Digital Users mit enormer Erfahrung“, so Lehmann.
Vorurteile und was wirklich dahintersteckt
Das sogenannte Defizitmodell des Alterns geht davon aus, dass mit zunehmendem Alter bestimmte Fähigkeiten automatisch abnehmen. Moderne Altersforschung zeigt jedoch ein differenzierteres Bild: Sensorische Fähigkeiten wie Sehen oder Hören können mit der Zeit nachlassen. Doch andere Kompetenzen, zum Beispiel soziale Intelligenz, strategisches Denken und Kommunikation, nehmen mit dem Alter sogar zu. Gerade diese Eigenschaften sind in der digitalisierten Arbeitswelt von zentraler Bedeutung. Sie helfen, Veränderungen zu begleiten, Konflikte zu lösen und Teams erfolgreich durch Transformationsprozesse zu führen.
Altersgemischte Teams, ein unterschätzter Erfolgsfaktor:
Jürgen Lehmann hat in seiner beruflichen Laufbahn mehrfach altersgemischte Teams geführt, mit sehr positiven Erfahrungen. „Wenn Ältere und Jüngere respektvoll auf Augenhöhe zusammenarbeiten, entstehen kreative, robuste und hochleistungsfähige Teams.“ Das Alter allein sollte daher nie ein Kriterium für oder gegen bestimmte Aufgaben oder Projektrollen sein. Vielmehr ist es die Mischung unterschiedlicher Perspektiven, die Innovation und nachhaltigen Erfolg fördert.
Was Unternehmen konkret tun können:
Damit Unternehmen das Potenzial der Generation 50+ sinnvoll einbinden und fördern können, empfiehlt Jürgen Lehmann folgende konkrete Maßnahmen:
Lebenslanges Lernen ermöglichen:
Auch Mitarbeitende ab 50 sollten regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen können, das hält sie fachlich aktuell und motiviert.
Niedrigschwellige Tools einsetzen:
Die Benutzerfreundlichkeit digitaler Systeme ist entscheidend. Intuitive Oberflächen schaffen Sicherheit und Akzeptanz bei allen Altersgruppen.
Platz zum Ausprobieren geben:
Mitarbeitende sollten neue Tools im geschützten Rahmen testen dürfen, ohne Druck, direkt produktiv sein zu müssen.
Altersgemischte Teams fördern:
Vielfalt im Team stärkt die Zusammenarbeit. Junge und erfahrene Mitarbeitende profitieren gegenseitig von ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten.
Erfahrung einbinden:
Ältere Beschäftigte sollten gezielt in die Gestaltung und Einführung digitaler Prozesse eingebunden werden, ihre Perspektive ist wertvoll und praxisnah.
Führungskräfte sensibilisieren:
Führungskräfte haben eine Schlüsselfunktion: Sie müssen dafür sorgen, dass niemand vom digitalen Wandel ausgeschlossen wird und alle Mitarbeitenden mitgenommen werden.
Der demografische Wandel ist längst Realität und er betrifft alle Branchen. Statt ältere Beschäftigte zu unterschätzen oder vorschnell in den Ruhestand zu verabschieden, sollten Unternehmen die Erfahrung und Stabilität dieser Generation gezielt nutzen. Digitale Transformation gelingt dann am besten, wenn Menschen verschiedener Altersgruppen gemeinsam daran arbeiten mit gegenseitigem Respekt, einem offenen Lernklima und der richtigen Unterstützung.
Generation 50+: Potenziale, Vorurteile und Perspektiven im Berufsleben | Experteninterview
Interview mit Jürgen Lehmann zur Rolle der Generation 50+ im Wandel der Arbeitswelt.
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Paul Sonnenberg
Referent Netzwerk- und Kund:innenmanagement